Inhaltsleere Noten?

Der Leitartikel von Peter Nindler in der Tiroler Tageszeitung vom 19.2. verlangt nach einigen Ergänzungen und Richtigstellungen:

1. Offensichtlich wird unter „Bildungschance“ und „erfolgreicher Bildungslaufbahn“ nur der Weg zu Matura und Studium verstanden. Warum können wir nicht endlich auch die Ausbildung zum Facharbeiter und das goldene Handwerk als „Bildungschance“ und „höhere Bildung“ begreifen? Hier wäre ein Umdenken in den Köpfen und in der Sprache dringend erforderlich.

2. Durch die gemeinsame Schule würden zwar bestenfalls einige wenige andere Schüler/innen zur Matura gelangen, aber sicher kein einziger mehr. Dazu müssten nämlich die Plätze an den maturaführenden Schulen erhöht werden. Ob es allerdings im Sinne der Volkswirtschaft wäre, die Zahl der Lehrlinge weiter zu senken und jene der (arbeitslosen) Akademiker zu steigern, ist mehr als fraglich.

3. Die Behauptung, mit der gemeinsamen Schule könne das Problem der Aufnahme in die fünfte Schulstufe beseitigt werden, ist eine gefährliche Falle. Dieses Problem ließe sich nämlich nur dann lösen, wenn es eine Zwangszuweisung der Kinder in die jeweiligen Sprengelschulen gäbe. Das würde aber das Ende der freien Schulwahl für die Eltern und das Aus der Schwerpunkte an den einzelnen Schulen bedeuten, weil jede Schule einen allgemein verträglichen Bildungseintopf anbieten müsste. Nur Eltern mit gefüllter Brieftasche könnten dieser Zwangsbeglückung ausweichen und ihre Kinder in Privatschulen schicken. Damit würde genau jene soziale Schere aufgehen, welche die Gesamtschulbefürworter verhindern wollen. Ein Blick in Gesamtschulländer wie England bestätigt dies eindrucksvoll. Das muss den Eltern klargemacht werden.

4. Eine Abschaffung der Noten weckt die Illusion, dass alle Menschen die gleichen Begabungen haben und gleiche Leistungen erbringen. Spätestens beim Wechsel in eine weiterführende Schule, an eine Hochschule oder in das Berufsleben zerplatzt diese Illusion wie eine Seifenblase. Dabei ist es unerheblich, in welcher Form die unterschiedlichen Leistungen gemessen und beschrieben werden. Auch die Ziffernnoten sind nur Ausdruck einer verbalen Beschreibung. So bedeutet etwa die Note „Befriedigend“, dass die Anforderungen des Lehrplanes „in den wesentlichen Bereichen zur Gänze erfüllt wurden“. Auch alternative verbale Beschreibungen werden mit der Zeit standardisiert werden, abgesehen davon, dass sie oft nicht nur Leistungen, sondern auch die Persönlichkeit der Kinder bewerten, was ich problematisch finde.

Ich wünsche mir, dass in Kommentaren anstelle von einseitigen Behauptungen und Halbwahrheiten die ganze Wahrheit mit allen Konsequenzen gesagt wird.

Dr. Thomas Plankensteiner