Droht bildungspolitische Steinzeit?
Bei der Präsentation des Regierungsprogramms der türkis-blauen Bundesregierung gingen bei rot-grün-pinken Bildungspolitikern die Wogen hoch. Sie malten den Untergang des österreichischen Bildungswesens an die Wand und warnten vor Ziffernnoten in Volksschulen, Stärkung der Sonderpädagogik, Deutschklassen für fremdsprachige Schüler und Absage an die Gesamtschule. Nach der ersten Aufregung gehen bei Beginn der Umsetzung die Wogen wieder hoch. Ohne ideologische Brille, sondern mit Hausverstand betrachtet, kann den geplanten Maßnahmen nur zugestimmt werden.
Ziffernnoten in der Volksschule geben Kindern und Eltern klarer Auskunft über die Leistungen als seitenlange verklausulierte und teilweise aus Textbausteinen bestehende Beschreibungen mit Häkchen und Smileys. Zusätzliche Informationen sind weiterhin möglich und mitunter auch nötig. Tatsache ist, dass viele Eltern bei verbaler Beurteilung nachfragen, welcher Note das entspricht. Auch den Schülern ist mitunter eine klare Beurteilung lieber, ist diese doch auch für sie klarer verständlich.
Deutsch vor Eintritt in den Regelunterricht wird vielfach gefordert, eigene Deutschklassen aber von Rot-Grün-Pink als Ghettoklassen abgelehnt. Kinder lernen, wenn fast nur Deutsch gesprochen wird, die Sprache sehr schnell. Daran soll auch nichts geändert werden. In Ballungszentren sind jedoch Deutsch sprechende Kinder in vielen Klassen eine verschwindende Minderheit. Von wem sollen nicht deutschsprachige Kinder in diesem Fall Deutsch lernen? Kinder, die dem Unterricht nicht folgen können, lernen nichts dabei, die anderen werden beim Lernen behindert, denn die Lehrer müssen sich um jene kümmern, die nicht mitkommen. Beispiele aus anderen Ländern zeigen, dass dann intensive Sprachkurse effizienter sind. In wenig sprachsensiblen Fächern ist zudem ein gemeinsamer Unterricht möglich.
Auch wenn es politisch unkorrekt ist, muss zur Kenntnis genommen werden, dass Inklusion Grenzen hat. In bestimmten Fällen sind sonderpädagogische Schulen besser geeignet, Kinder auf ein möglichst selbstständiges Leben vorzubereiten. Das bestätigten immer wieder Eltern von Kindern mit großem Förderbedarf. Umso wichtiger sind der Erhalt dieser Schulen und vor allem die Wiederaufnahme der Ausbildung für Sonderpädagogen.
Wer immer noch die gemeinsame Schule fordert, muss sich zu horrenden Personalkosten bekennen, die für auch nur annähernd so gute Ergebnisse wie im bewährten differenzierten System nötig sind. Weder für eine bundesweite Einführung noch für Modellregionen sind ausreichend Mittel vorhanden. Auch die Länder können diese nicht aus eigenen Mitteln finanzieren, Modellregionen bleiben eine Vision.
Diesen grundvernünftigen Maßnahmen müssen noch weitere folgen, um aus den linken Bildungswirren der vergangenen Jahre herauszufinden.
Gastkommentar von Pro Gymnasium Mitstreiter Sigi Neyer in der Neuen Vorarlberger Tageszeitung vom 27.5.2018.